Natürlich könnte ich ebenso von meiner
Schulzeit auf dem Gymnasium Schulstraße (heute: Lichtenberg-Gymnasium
Cuxhaven) berichten.
Oder - wie hier angegangen - mit einer historisch-geographischen Darstellung meines Heimatortes.
Das Landdreieck Bremerhaven - Cuxhaven
- Stade zwischen den Mündungen von Weser und Elbe wird im Norden durchzogen
von der eiszeitlichen Endmoräne der Hohen Lieth, an deren Rand das
Kirchspiel Altenwalde liegt. Dass diese sandige Geestlandschaft ältestes
Siedlungsgebiet darstellt und besonders stark besiedelt war, zeigen die
Funde aus Altenwalde, Gudendorf, Oxstedt und Holte. Nicht zuletzt die spätrömische
,Silberschale von Altenwalde' hat die Phantasie der Chronisten beflügelt.
Von
engen Verbindungen des Gebietes der
Wesermündung zum friesischen Raum zeugen die
Merowingermünzen von Altenwalde.
Aber erst die Christianisierung unter Karl
dem Großen ließ der Siedlung ‚Wolde‘ überregionale
Bedeutung zukommen. Der Bau einer fränkisch-karolingischen Burg auf
der Altenwalder Höhe ist in Zusammenhang mit den Sachsenkriegen zu
sehen, die Datierung der capella sanctae crucis sanctissimique patris
Willehadi sowie der Pfarrkirche St. Cosmas und Damian muss umstritten
bleiben. Als eine der fünf Urkirchen des Elbe-Weser-Raumes entwickelt
sich die Kapelle mit der Reliquie eines Spanes vom Kreuz Christi zu einem vielbesuchten
Wallfahrtsort. Als Folge heißt es bereits gegen 1075 n.Chr.: "50
Königshöfe besitzt der Erzbischof Adalbert von Bremen, davon
ist der größte Wolde,..." Die Verlegung des Benedektinnerinnen-Klosters
von Midlum nach Wolde 1282 n.Chr. bildet den kulturgeschichtlichen Höhepunkt
in der Entwicklung des Dorfes.
Als das Kloster bereits 1334 n.Chr.
in ein 'Neuenwalde' benanntes Gelände verlegt wird, entwickelt sich
für das Dorf Wolde der niederdeutsche Ortsname ‚Oldenwolde‘, der 1348
n.Chr. erstmals belegt ist. Mit dem Verschwinden des Altenwalder Kirchenbuches
in den Kriegswirren um 1627 n.Chr. wird jedoch diese Blütezeit des Ortes
wie auch die genaueren Umstände der Einführung der Reformation
verschwommen bis dunkel bleiben.
Altenwalde und seine umgebenden Dörfer
waren auch immer Zankapfel größerer Mächte. So ist der
Ort zwischen Geest und Marsch, Land Wursten und Land Hadeln bzw. Amt Ritzebüttel,
Bremen und Hamburg häufiger fast aufgerieben worden.
Zum Kirchspiel
Altenwalde gehörten damals alle umliegenden Dörfer. Diese Gemeinden
wurden alle hamburgisch, nur über das Dorf Altenwalde selbst erwarb
Hamburg nicht die Gerichtsbarkeit. Diese stand dem Erzbischof von Bremen
zu, zu dessen Kloster Neuenwalde Grund und Boden des Dorfes gehörten.
So entstand auch 1789 bis 1791 n.Chr.
die absurde Situation, dass der Hamburgische Senat für seine
Bürger und Gemeindemitglieder auf Bremer Gebiet einen Kirchenneubau
in Auftrag gab und bezahlte. Während die Altenwalder zusahen, wuchs
unter den Hand- und Spanndiensten ihrer Nachbarn die neue Kirche aus dem
Material der alten Feldsteinkirche des Hochmittelalters.
Die militär-strategische Bedeutung
des oberen Elbe-Weser-Dreiecks war bereits durch Karl dem Großen
erkannt und durch die Errichtung der Altenwalder Burg Rechnung getragen
worden. So nimmt es nicht Wunder, dass dieser Landstrich eine Ansammlung von
militärischen Stützpunkten bot.
Unrühmlicher
Höhepunkt dieser Entwicklung waren die Raketenabschussbasen
für die V1- und V2-Raketen im Zweiten Weltkrieg.
Im Nachkriegsdeutschland wurde Altenwalde zu einem
wichtigen Panzerstützpunkt, der im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands
wie dem friedlichen Zusammenwachsen Europas an Bedeutung verlor und inzwischen
aufgegeben wurde.
Literatur:
Winfriet Sievert,
Chronik von Altenwalde. Kirchspiel, Großgemeinde, Stadtteil, Cuxhaven
1994
Winfriet Sievert,
Chronik von Altenwalde. Vier Dörfer - eine Gemeinde, Cuxhaven 1971
Horst Makus,
Marschner,
Kunsttöpferei Marschner, in: Makus, Keramik der 50er Jahre. Formen,
Farbe und Dekore. Ein Handbuch, Stuttgart 2006, Seite
449
Christa Böckel,
Zweihundert Jahre Altenwalder Kirche 1791-1991.
Der Neubau der Altenwalder
Kirche 1789 bis 1791, Cuxhaven 1991
Peter
Berghaus,
Die
merowingischen Trienten von Altenwalde, in: Die Kunde. Zeitschrift für
niedersächsische Archäologie. Neue Folge, Band 12 (1961), Seiten 43-61
Ernst Künzl,
Die Schale von Altenwalde. Ein Meisterwerk der spätantiken Silberkunst.
Vortrag auf Einladung des Fördervereins Cuxhaven e.V. am 9.12.1987,
Cuxhaven (1987)
Ernst Künzl,
u.a.,
Die spätantike Schale von Altenwalde, Stadt Cuxhaven, in: Die Kunde.
Zeitschrift für niedersächsische Archäologie. Neue Folge, Band 30
(1979), Seiten 133-149
Harald
Mielsch,
Schale von
Altenwalde mit Marsyas, in: von Prittwitz und Gaffron / Mielsch (Hg.),
Das Haus lacht vor Silber. Die Prunkplatte von Bizerta und das
römische Tafelgeschirr, Köln/Bonn 1997, Seiten 175-176
Karl Waller,
Das Gräberfeld
von Altenwalde, Kreis Land Hadeln. 5. Beiheft zum Atlas der
Urgeschichte, (Hamburg) 1957